Top 5
Alltagsfloskeln sind für jeden Smalltalk überlebenswichtig. Deshalb werden sie weit öfter eingesetzt, als unser Autor nervlich ertragen kann. Die fünf schlimmsten Beispiele.
Mario Reinhard — 09/26/23, 08:39 AM
Entsprechen etwa 90 Prozent unseres Sprachgebrauchs: Alltagsfloskeln. (Fotos: Unsplash)
Als linguistische Alleskönner bereichern Alltagsfloskeln unser Leben. Werden sie effektiv eingesetzt, eröffnen sie jedes Gespräch mit beispielloser Eleganz. Die Versuchung ist folglich gross, sie inflationär zu gebrauchen. Eine perspektivische Abhandlung über Alltagssituationen mit dem Potenzial, Nerven nachhaltig zu schädigen.
Passiert auch den Besten: Nicht wissen, was gemeint ist.
Ich glaube, ich weiss selten, was jemensch meint. Das wird mir in Gesprächen, in denen häufig nachgefragt wird, ob ich denn wisse, was gemeint sei, immer wieder bewusst. Abgesehen von diesem Achtsamkeitseffekt hilft es mir bei der eigentlichen Erkenntnis eher wenig. Die Gesprächspausen nach dem «Weisch, wani mein» sind auch selten genug lange, um eine Frage zu ersinnen und diese dann auch zu formulieren. Vielmehr lässt die Floskel mich mit dem Gedanken zurück, eben nicht zu wissen, was gemeint ist um dann, anstatt weiter zuzuhören, daran rumzuhirnen.
Nervige Hobbys fördern nervige Redewendungen: In der Natur sein.
Viele wollen gern von sich glauben, dass sie viel und gern und vor allem bei jedem Wetter draussen sind. Von diesem Verhalten leiten sie eine Qualität ab, sie ernten Punkte, die sie in ihrem selbstgewählten Wertesystem-Wettbewerb die Leiter nach oben steigen lässt. Was von aussen wie eine raffinierte und effektive Selbstwertsteigerungsstrategie aussieht, ist einfach nur nervig, sobald es als «es gid kei schlächts Wätter, nur schlächti Usrüschtig» artikuliert wird. Besonders intensiv sind damit verbundene Triggererfahrungen, wenn dem «Spruch» sexistische oder homophobe Komponenten quasi als Salz beigemischt werden.
Schmerzen auch in Herzform: Schneebälle.
Wir haben es alle schon mal nur nett gemeint, als wir unaufgefordert unseren Senf dazu gaben und damit einfach nur demonstrierten, dass wir gerade nicht zuhören können oder wollen und keine Geduld haben, das vermeintliche Fehlverhalten eines Mitmenschen mitfühlend und wertefrei zu erleben und offen zu sein und zu bleiben, wofür auch immer das gut sein mag, und anstatt diesen Widerspruch zwischen unseren Werten und dem vorherrschenden Gefühl auszuhalten, gaben wir dann eben unseren Senf dazu und nervten einfach nur unglaublich.
Denksport für Besserwisser*innen: Sehr logischer Zauberwürfel.
Jetzt kommen die wirklich nervigen Alltagsfloskeln. Fast meine liebste ist das gute alte «das isch doch logisch». Variationen davon beinhalten meistens den gesunden Menschenverstand, der anzuwenden sei. Gerne wird auch behauptet, es gebe eine Art universelles Wissen, von dem jede*r wisse. Ist Mensch nicht im Kreise der erleuchteten Wissenden, ist das vor allen Dingen eine selbstverschuldete Schwäche, für die Mensch sich zu schämen hat. Für Dinge, die logisch sind, gilt sodann, dass sie sich aus sich selbst erschliessen, sie müssen also nicht erklärt werden. Vielmehr müssen Unwissende tadelnd auf ihr fehlendes Wissen aufmerksam gemacht werden. Sobald sie sich genug schämen, kommen die logischen Antworten von selbst, sie brüten sich quasi aus. Ist doch logisch.
Oberste Bürger*innenpflicht: Glücklich sein.
Wer seinen gesunden Menschenverstand angewendet hat, weiss schon lange, dass das schöne Tägli die Nummer 1 der nervigsten Alltagsfloskeln ist. Überall verfolgt es uns, in der Bäckerei, bei der Mechanikerin, bei der Lieferantin X, beim Paketkurier Y, alle wünschen sie beim Verabschieden freundlich, frivol singend ein schönes Tägli. Sie sagen es auf eine bestimmte, fast fordernde Art und Weise, schliesslich ist es kein Tag, sondern lediglich ein Täglein dass schön zu sein hat und dass ist wohl kaum zu viel verlangt? Entgegnete Mensch diesem Wunsch damit, sich den drecksverhurten Scheisstag sonstwohin zu stecken, würde das verständlicherweise mittelschwere Irritation bewirken. Schliesslich war es nur nett gemeint.