Top 5
Wer immer und überall zu spät kommt, hat stets eine Entschuldigung parat. Keine davon ist wirklich gut, hier sind die fünf schlechtesten.
Heinrich Weingartner — 01/18/23, 03:50 PM
An jeder Verspätung die Hauptschuldige: Zeit. (Fotos: Unsplash)
Menschen, die sich verspäten, stehlen jemandem Zeit. Und da Zeit bekanntlich Geld ist, sollten Pünktlichkeitssünder:innen auch gleich behandelt werden wie Schmuckdiebe oder Bankräuberinnen. Nach Absitzen ihrer gerechten Strafe sollten sie ein paar Jahre zu spät aus dem Gefängnis entlassen werden. Wer unpünktlich ist, hat die Kontrolle über das eigene Leben verloren, wie die folgenden Ausreden zeigen.
Hören Leidtragende von Verspätungen am liebsten: Märchen.
Die Briefträgerin hat mir den Weg versperrt, das Tram ist entgleist und in ein Kinderspital gekracht, Südsudan hat mir den Krieg erklärt, der Hund hat die Katze gefressen. Die Liste der frei erfundenen und wild ausgeschmückten Geschichten ist lang, wenn es um Verspätungen geht. Wenn ich eine solche hören möchte, dann hole ich mir Globi- oder Rössli-Hü-Hörkassetten aus meiner Kindheit vom Dachboden. Wer Zeit hat, sich fantasievolle Märchen auszudenken, es aber nicht schafft, pünktlich zu erscheinen, ist in der Politik besser aufgehoben als im richtigen Arbeitsleben.
Zeit ist wie eine Zimmerpflanze: Kann schnell vergessen werden.
Menschen, die die Zeit vergessen haben, sind bewundernswert. Sie leben irgendwo in der Abgeschiedenheit, bräteln Waldbeeren und orientieren sich an ihrer inneren Uhr. Aber von diesen Menschen ist hier nicht die Rede. Wer zu spät kommt mit der Entschuldigung, die Zeit vergessen zu haben, gibt sich als momentsverliebter Lebemensch, ist aber ein genuiner Anstandsallergiker. Übersetzt heisst diese Ausrede nämlich, dass der Mensch bei der vorherigen Verpflichtung interessanter war. Solche Menschen planen auch Verabredungen nie weit im Voraus, weil in der Zwischenzeit noch etwas Besseres kommen könnte. Der einzige Anlass, an dem sie pünktlich erscheinen werden, wird ihre Beerdigung sein. Dort können sie im Moment verweilen, so lange sie möchten.
Red Flag: Menschen, die sich entschuldigen.
Wenn sich jemand ehrlich für seine Verspätung entschuldigt, ist dass eigentlich viel schlimmer, als wenn jemand eine unglaubwürdige Ausrede fabriziert (siehe 5. Platz). Denn dies bedeutet, dass die entsprechende Person nicht nur die physischen Anstrengungen scheut, um pünktlich am ausgemachten Ort zu erscheinen, sondern sich auch geistig nicht anstrengen mag, die entstandene Verspätung mittels einer fantasievollen Erzählung wenigstens ein bisschen geradezubiegen. Menschen mit dieser Ausrede sind zusätzlich faul, weil sie die Mental Load auf die pünktliche Person abschieben. Soll ich etwa Mitleid haben? Ehrlich gemeinte Entschuldigungen gehören mit Schweigen bestraft.
Für Leute mit schlechtem Zeitgefühl: Agenda.
Die Ausrede «Wir hatten doch xy vereinbart statt yz» ist besonders perfide, weil ihr alleiniger Zweck darin besteht, die pünktliche Person zu verunsichern: Habe ich die Zeit falsch eingetragen? Nimmt meine Gedächtnisleistung ab? Wer und wo bin ich? Glücklicherweise bietet der Schweizerische Wille zur totalen Bürokratisierung die Waffen, um gegen diese Blender:innen vorzugehen. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass man mit dieser Person wieder einmal einen Termin vereinbaren sollte, muss die erneut vereinbarte Zeit vertraglich festgelegt und notariell beglaubigt werden.
Neben ihm will man bei Matheprüfungen sitzen: Einstein.
Albert Einstein gilt als Genie und hochintelligenter Wissenschaftler. Leider wird dabei vielfach verschwiegen, dass er seine Relativitätstheorie nur entwickelt hat, um von seiner notorischen Unpünktlichkeit abzulenken. Zeit ist relativ, also sind es auch Verspätungen. Obwohl er mittlerweile das Zeitliche gesegnet hat, missbrauchen viele selbsternannte Genies seine Erkenntnisse, um ihre an Analog- und Digitaluhren sekundengenau ablesbaren Verfehlungen wegzurelativieren. Man möge diesen Menschen mit schwarzem Filzmarker «Auch vier Minuten ist eine Verspätung» auf die Stirn schreiben, in einem dunklen Loch einsperren und sie während fünf Wochen mit automatischer Zeitansage beschallen. Dann werden sie nie wieder zu spät kommen und da Zeit ja relativ ist, wird der Aufenthalt bestimmt flugs vorbeigehen.