Top 5
Abseits von Arte: Jana Avanzini ist eine Trash-TV-Liebhaberin. Hier stellt sie ihre liebsten fünf Sendungen vor.
Jana Avanzini — 04/06/22, 04:55 PM
Willkommen in den Niederungen des Müll-Fernsehens.
Es gibt schlimmen Trash im Reality-TV, das ist mir klar. Ganz schlimme Dinge. Wie zum Beispiel den Schweizer Bachelor. Da trau selbst ich mich nicht ran. Doch es gibt besonders unter den Formaten, in welchen sich junge Menschen auf die Suche nach Follow… äh… nach der echten, wahren, ewigwährenden Liebe machen, ganz schön unterhaltsame Sachen.
Und ja, ich weiss, dass ganz Vieles in diesen Sendungen übel sexistisch ist, dass in vielen dieser Formate Menschen manipuliert und stereotype Rollenbilder zementiert werden. Aber wie bereits Aristoteles (der übrigens ein misogyner Armleuchter war) mit der Figur der Willensschwäche sagte: Ich weiss, was richtig ist, aber ich tue es nicht.
Redet abseits der Kameras wohl über Quantenphysik: Teilnehmerfeld von Love Island.
So stellt man sich England vor. Nicht das England mit den teetrinkenden Thatchern, sondern das mit den halbnackten Betrunkenen im Urlaub. Stellen Sie sich das vor, einfach mit Instagram-Filter drüber.
Das Format jedenfalls steckt ein paar junge, gut trainierte oder operierte Liebeshungrige in eine Villa und zwingt sie dazu, sich jeweils zu verpaaren und in einem Bett zu schlafen. Ständig kommen neue Leute dazu, Pärchen trennen sich und fügen sich neu zusammen.
Das alles an sich ist nichts Besonderes. Aber die Dialekte. Der Moderator. Und Camilla und Jamie. Wegen diesem neuen Royal-Couple, das bestimmt das Haus Windsor ablösen wird, empfehle ich, mit Staffel 3 zu beginnen. (auf RTL+)
Princess Irina und Bine im Sonnenuntergang. Hach!
Das Konzept ist eigentlich so wie beim Bachelor. Bloss, dass der Bachelor in diesem Fall auch eine Frau ist und anstatt Rosen, Ketten verteilt werden. Die erste lesbische Datingshow überhaupt, heisst es. Und es war definitiv an der Zeit für dieses Stück Reality-Fernsehen. Frauen*, so unterschiedlich sie nur sein können, «kämpfen um das Herz» einer schönen, fussballspielenden Anwältin. In vielen Szenen zu echt und schön für Trash, aber gerade deswegen super.
Hier lernt man mehr über Pussy-Power, die Verwendung von Strap-on-Dildos und respektvolle, aber trotzdem kritische Diskussionen zum Thema Transphobie. Konkurrenz ist kein künstlich ausgetragenes Rumgebitche und grundsätzlich ist dieses Format einfach mega woke. (Auf RTL+)
Weiss immer, wie spät es ist: Flavor Flav.
Das drastische Gegenteil von woke ist der wohl sexistischste Auswuchs der 2000er-Jahre auf MTV: Flavor of Love. Hier lernt man, das früher alles schlimmer war.
Ex-«Public Enemy»-Frontmann Flavor Flav sucht eine Frau, indem er die Frauen posieren, oder sexy im Pool schwimmen lässt. Dabei brüllt er gelegentlich seinen eigenen Namen in die Welt hinaus, von den Frauen kann er sich leider keinen merken. In dieser Sendung wird jedes sexistische und rassistische Klischee ausgeschlachtet, es wird auf unterstem Niveau geworben und gestritten.
Es ist verstörend. So verstörend. Der Horrorfilm meiner Jugend, der Unfall, bei dem man nicht mehr wegschauen kann. Und das schlimmste daran: Es gab eine Reihe von Spin-Offs daraus. Wie: Flavor of Love Girls: Charm School. Dazu fällt einem dann gar nichts mehr ein. (auf Amazon oder Youtube)
Ryotaro und Motomi – hier sehen Sie, wie ein Badboy in Japan aussieht.
Love is blind ist ein neues Reality-Love-Format, dass gerade um den Globus tourt. Darin werden heterosexuelle Menschen, die Heiraten als grösstes Ziel des Lebens betrachten, in durch Wände geteilte Boxen gesteckt. Hier unterhalten sie sich mit den Menschen des anderen Geschlechts, ohne diese je zu sehen und verlieben sich dabei. Falls sie sich so dolle verlieben, dass sie sich auch gleich verloben, dürfen sie sich endlich sehen. Dann fliegen sie gemeinsam in die Flitterwochen und ein paar Wochen später soll bereits geheiratet werden. Die Uraufführung aus den USA war ein voller Erfolg, es ging heiss her und zwei Paare sind noch immer verheiratet. In der japanischen Version funktioniert das Kennenlernen oft ganz anders. Da können wir Westler*innen nur staunen über diese ganz eigenen Formen der Förmlichkeiten. Und unsere, durch Reality-Trash aus den USA abgestumpften Sehgewohnheiten, reinigen. Das ist Bildungsfernsehen. Oder so.
P.S. Gar nicht zu empfehlen ist Love ist blind: Brasil. Ausser man will vor lauter Ärger über Machismo und toxischer Männlichkeit einen Herzinfarkt erleiden. (auf Netflix)
Auch bei anderen Arten recht beliebt: Dates.
Ein Teufel datet einen Pavian, ein schielender Hai ein grünes Insekt. In diesem Höhepunkt der menschlichen Fernseh-Entwicklung soll (wie bei Love ist blind, Huch!) nicht auf Äusserlichkeiten geachtet werden. Doch die Sendung bekommt es hin, genau darauf den Fokus zu legen. Wir warten darauf, wie scharf der Hamster nach seiner Enthüllung aussieht, wie sexy der Biber. Eigentlich kann man zu dieser Sendung nicht viel sagen. sie ist absolut seltsam und erreicht auf keinen Fall, was sie behauptet, erreichen zu wollen. Trotzdem ist das Ganze irgendwie lustig. Wer seinen Kopf komplett ausschalten möchte: Hier ist die Lösung. (auf Netflix)
Top 5 Jeden Donnerstag stellen Menschen aus dem Kultz-Team ihre persönliche Top 5 zu selbst gewählten Kategorien vor. Welche Top 5 sollen wir als Nächstes zusammenstellen? Schick deine Ideen an [email protected]. Was bisher geschah: Die fünf fiesesten Tiere im Tierpark Goldau Die fünf schlimmsten Wochentage Die fünf bequemsten Massnahmen gegen den Klimawandel |