Top 5
Den Schweizer Alltag zu administrieren, hat es für eine Erwachsene in sich. Nina Laky empfiehlt 5 To-dos, die auch zum Nachdenken anregen und so das volle Hirn noch ein bisschen zusätzlich fordern.
Nina Laky — 06/29/22, 11:14 AM
Der Alltag kann kann ganz schön nervtötend sein (Symbolbilder: Unsplash).
Wieso gibt es keine Sternstunde Administration? Die langweiligsten Aufgaben rund um ein Leben laden mit ein bisschen Kreativität zum Philosophieren ein. Von Gedanken zur Digitalisierung bis zu Zielen der Identitätspolitik verwickeln einen solche To-dos in viele aktuelle Debatten.
Anzeichen für Wohlstandverwahrlosung: Eigene Adresse.
Sinnloseste, aber nicht unbedingt uninspirierendste aller Aufgaben eines täglichen Lebens in der Schweiz. Wenn ich umziehe, wieso muss ich den Umzug zuerst der Post melden, aber dann zusätzlich auch noch ALLEN Organisationen, mit denen so ein Erwachsenenleben in Kontakt kommt? Das sind nämlich viele und das Auffinden derer spült weitere To-dos auf meine Liste. Dort Vereinsbeitrag noch offen, hier noch was nicht eingereicht etc. pp.
Wieso weiss die Post um meinen neuen Wohnsitz, möchte die Info aber nicht öffentlich teilen? Was passierte mit dem guten alten TwixTel? Wenn's jemanden interessiert, könnte er oder sie ja nachschauen? Wieso arbeiten alle mit einer eigenen Datenbank? Was ist Privatsphäre? Was bedeutet mir Wohnen? So viel, dass ich nochmals umziehen werde? Beim Blick auf dieses To-do eher nicht.
Zwänge der modernen Gesellschaft: Waschen.
Ich bringe analoges Geld (ein 20er-Nötli, mehr geht nicht) zur Nachbarin, die den Betrag ins Portmonnaie steckt und meine Waschkarte mit ihrem digitalen Geld auflädt, damit ich diese Karte physisch an ein Gerät halten kann, das mir für einen Waschgang den Betrag digital ab der Karte zieht. Da der Waschgang immer unterschiedlich viel kostet, muss ich einen Restbetrag wieder auf die Karte rückverbuchen. Zum Glück gibt die Waschmaschine nicht noch echtes Rückgeld in Münzen. Fragen, die sich beim Warten vor der Nachbarstüre aufkommen: Wieso? Bitte eine durchschnittliche Anzahl Waschgänge von der Miete abziehen. Da war doch was mit Zeit und Geld.
Eintrittskarte ins gelobte Land: Modem.
Hier stellen sich Fragen rund um Konkurrenz im kapitalistischen Wirtschaftssystem und Sinnhaftigkeit einer individualisierten Leistung. Ich brauche kein persönliches Internet- und Handyabo wie auch keine persönliche Krankenkasse. Einheitsinternet für alle überall jetzt – spannt das Netzt einmal über uns, danke! Weiterführende Fragen: Wie sinnvoll ist ein Monopol? Das sind Gedanken, währenddem ich am Boden sitze und einen Router installiere.
Sind häufig noch nicht in die Arbeitswelt integriert: Kinder.
Schikane. Jetzt verdienen Frauen schon weniger und laufen auf Rentenlücken zu, aber für die Kitabetreuung gilt es regelmässig (!) ein mehrere Seiten langes Formular auszufüllen und bewilligen zu lassen. Wie viel Staat will ich in meinem «Privatleben»? Heisst aufgeklärtes, eigenverantwortliches Bürgertum immer noch, ein PDF online ausfüllen, ausdrucken und per Post zurückschicken? Bitte ebenfalls irgendwo abziehen, von meinen Steuern oder direkt vom Konto des Regierungsrates zuständig für die Bildung, oder anderswo, werdet doch bisschen kreativer mit den Rückvergütungsmethoden. Die Gedanken drehen weiter: Wirkt Frust als Treiber im Leben? Was ist eine Lüge?
Erhöht die Chancen, einen Absage zu bekommen: Bewerbung schreiben.
Was bin ich und wenn ja, wie viele perfekte Arbeitnehmerinnen? Das Auflisten der bis anhin geleisteten Arbeit, deren Priorisierung sowie die Ausformulierung im Bewerbungstext führen nicht ohne Grund oft zu Existenzkrisen (zumindest erübrigt sich nun langsam die Frage, auf welches Papier man das alles drucken muss und in welchem «Mäppli» es besonders gut aussieht). Erwähne ich Leano, mein Babysitterkind, noch? Ich übernehme doch so gern Verantwortung. Was ist mit diesem Barjob, den ich nur wenige Wochen hatte? Er war doch so gut für meinen Umgang mit «Menschen». Überhaupt: Wie sehe ich auf dem Foto eigentlich aus? Bin das ich oder ist das eine Projektion meiner selbst? Oder gar eine Simulation? Werde ich mit dieser Bewerbung so je fertig? Was ist Endlichkeit?
Jeden Donnerstag stellen Menschen aus dem Kultz-Team ihre persönliche Top 5 zu selbst gewählten Kategorien vor. Welche Top 5 sollen wir als Nächstes zusammenstellen? Schick deine Ideen an [email protected]. Was bisher geschah: Die fünf fiesesten Tiere im Tierpark Goldau Die fünf schlimmsten Wochentage Die fünf bequemsten Massnahmen gegen den Klimawandel Die fünf gefährlichsten Erfindungen Die fünf nervigsten Dinge in Luzern Die fünf geilsten Reality-Love-Formate Die fünf besten VBL-Verbindungen Die fünf unbeliebtesten Hunderassen Die fünf unbekanntesten Zitate der Weltgeschichte Die fünf besten Luzerner Gemeindewappen Die fünf untötbarsten Zimmerpflanzen Die fünf mühsamsten Fussgängerstreifen Luzerns Die fünf schlimmsten Dinge am Sommer |