Top 5
In Luzern gibt es 31 Buslinien. Unser Redaktionsleiter Martin Erdmann hat die hochwertigsten Verbindungen herausgesucht.
Martin Erdmann — 04/14/22, 08:55 AM
Immerhin besser als laufen: Busfahren. (Foto: zvg)
Wenn sie nicht gerade in einen Subventionsskandal verwickelt ist oder ihre Mitarbeiter beim Masturbieren erwischt werden, konzentriert sich die VBL gelegentlich auch auf ihr Kerngeschäft: Busfahren. Auf diesen fünf Linien lohnt sich das Einsteigen am meisten.
Der Yoga-Kurs des Strassenverkehrs. Der 19er-Bus steht für pure Entschleunigung. Zur Stosszeit lädt er zum stundenlangen Verweilen zwischen Löwenplatz und Spitalstrasse ein. Es ist ein allgemeiner Ausbruch aus dem lohnarbeiterischen Turbokapitalismus. Im Schleichgang geniesst die Fahrgemeinschaft bei engem Zusammensein die malerischen Fassaden der Zürichstrasse. Wer sich einen Fensterplatz ergattern kann, wirft tiefenentspannte Blicke auf lokale Kraftorte wie die Fensterfront von Möbel Pfister oder das «Laptop und Computer Reparatur Center». Eine Safari des Seelenwohls.
Willkommen auf der Strecke des Lebemenschen. Entlang der luzernischen Riviera führt sie direkt in ein schöneres Leben: Crémant im Beau Séjour oder Minigolf beim Lido – der Dekadenz sind keine Grenzen gesetzt. Der 8er-Bus wäre in diesem Ranking weit höher platziert, würde seine Strecke kein so schändliches Ende nehmen. Kurz vor Endstation biegt er ins Würzenbach ein. Ein Quartier, bekannt für seine AHV-Zweigstelle und die hässlichste Migros in der Geschichte des modernen Konsumverhaltens. Wieso die VBL-Flotte ihre edlen Reifen mit dem Boden eines solchen Unorts beschmutzt, ist rätselhaft. Das Würzenbach sollte von sämtlichen Vorzügen des zivilisierten Lebens abgesägt und sich alleine überlassen werden.
Dem durchschnittlichen Stadtmenschen dürfte es entgangen sein, aber Littau gehört seit 2010 zu Luzern. Doch bereits 1953 gelang es der VBL, auf diesem fremden Territorium menschliches Leben zu orten und sie legte deshalb eine Buslinie dorthin. Trotzdem blieb Littau für viele Luzernerinnen und Luzerner bis heute Neuland. Deshalb: In den 12er-Bus einsteigen und sich verzaubern lassen. Es warten Tourismusattraktionen von höchstem Kaliber, wie der einzige Denner, der keinen Schnaps verkauft oder die gigantische Bratwurst-Figur vor der Littauer Metzg.
Kein anderer Bus sagt deutlicher Ja zum Leben als dieses Kleinod des Nahverkehrs. Nirgends fahren mehr menschliche Neuerscheinungen mit wie auf der Linie 9. Auf kleinstem Raum und steilster Strassensteigung werden Kinderwagen nach allen Regeln logistischer Kunst aneinandergereiht. In den Höhen des Brambergs sind Familien mit hoher pädagogischer Anspruchshaltung zu beobachten. Hier wachsen Kinder auf veganer Ernährungsbasis zu den Kunsthochschule-Abbrecher*innen der Zukunft heran, während ihre Eltern auf den Sonnenterrassen ihrer Eigentumswohnungen bei einer Flasche Rotwein die Ungerechtigkeit dieser Welt verurteilen.
Was für ein Spektakel des öffentlichen Verkehrs! Die Linie 1 ist viel mehr als bloss eine Bus-Strecke. Sie ist die Hauptschlagader der städtischen Völkerverständigung, denn sie verbindet komplett verschiedene Welten. Die Linie reicht vom ländlichen Krienser Obernau bis ins Autohausmekka Ebikon. Wer ein Retourbillet löst, ist geschlagene 78 Minuten unterwegs. Zum Vergleich: In dieser Zeit kommt man im 19er-Bus während der Rushhour vom Löwencenter bis kurz vor den Schlossberg.
Top 5 Jeden Donnerstag stellen Menschen aus dem Kultz-Team ihre persönliche Top 5 zu selbst gewählten Kategorien vor. Welche Top 5 sollen wir als Nächstes zusammenstellen? Schick deine Ideen an [email protected]. Was bisher geschah: Die fünf fiesesten Tiere im Tierpark Goldau Die fünf schlimmsten Wochentage Die fünf bequemsten Massnahmen gegen den Klimawandel Die fünf gefährlichsten Erfindungen |