Top 5
Marie-Françoise Arouet kommentiert jeden Artikel bei unseren Kolleg*innen von Zentralplus und heisst wahrscheinlich anders. Müssen wir sie deshalb beneiden oder bemitleiden?
Jonas Wydler — 09/13/23, 01:19 PM
Mag Kultz wohl nicht so fest wie unsere 700 Member: Marie-Françoise Arouet (Alle Fotos: Jonas Wydler)
Hinter dem Pseudonym «Marie-Françoise Arouet» verbirgt sich ein Mann – wie fast immer, wenn Wutkommentarschreiber am Werk sind. Lange hat er unter Klarnamen kommentiert, seit einer Weile tut er das mit Pseudonym. Er sieht seine Beiträge im Dienst der Aufklärung, was seine Ähnlichkeit mit Voltaires richtigem Namen vermuten lässt.
Marie-Françoise Arouet hinterlässt unter fast jedem zentralplus-Artikel eine Meinung, die selten milde ist. Stets ist man als Leser hin- und hergerissen: Angewidert von seinen Ansichten, die frauenfeindlich, antiwissenschaftlich und einfach nur beleidigend sind. Und gleichzeitig fasziniert von seiner Schreibe, die sich in Stil und Wortwahl weit abhebt von den sonstigen Kampfschreibern. So richtig in Rage gerät er angesichts von Pop-up-Parks und allgemein wegen der linksgrünen Stadtpolitik. Das sind die fünf besten/schlimmsten Kommentare von Marie-Françoise Arouet:
Marie-Françoise Arouet mag auch Zeitgeist und Wasserdampf nicht besonders.
Stell dir vor, junge Menschen machen einen abbruchreifen Betonkoloss über die Jahre zum besten Kulturort der Stadt und weit darüber hinaus. Und das fast ohne Subventionen. Nun wird diskutiert, ob und wie man die Zwischennutzung in die Zukunft führen kann. Da kann man mit guten Gründen dafür oder dagegen sein. Marie-Françoise Arouet kommentiert: «Alles Andere als ein Abriss wäre eine Schande. Wieso soll die Stadt einer Gruppe von grenzwertigen Zeitgeist-Ideologen eine hässliche Spielwiese zur Verfügung stellen?»
Marie-Françoise Arouet mag auch keine Menschen.
Der Zuger Politiker Jo Lang wusste schon als Maturand zu provozieren – und sorgte mit einer Rede an der Maturafeier 1973 für Aufregung im Publikum (Er nahm die Armee aufs Korn und forderte die Demokratisierung der Schulen). Es brauchte einen Regierungsrat zur Deeskalation. Daran erinnert sich Jo Lang 50 Jahre später. Und Marie-Françoise Arouet kommentiert: «Wenn ich mich nach 50 Jahren mit freudig erregter Nostalgie und Stolz öffentlich daran erinnern würde, was ich seinerzeit Tolles sagte, und dass ich ergo 50 Jahre später immer noch den gleichen Käse erzähle, den ich damals schon erzählt habe, käme ich mir vollkommen jämmerlich vor.»
Bietet womöglich Aufschluss darüber, wer sich hinter Arouet verbirgt: Eine «Diskussion» auf Zentralplus.
Nicht alle Pop-up-Parks waren gelungen, aber sie brachten Farbe in die Stadt – und besser als Parkplätze sind sie allemal. Im Mai wurde die Zukunft dieses Projekts aus der Pandemie thematisiert. Marie-Françoise Arouet kommentiert an die Adresse der Stadtregierung: «Man hört förmlich, wie der zuständige Stadtrat mit den Füsschen aufstampft ob der undankbaren Bevölkerung und die drei Sperrmüllkindereien doch noch durchzudrücken beschliesst.» Unter einem Artikel, in dem es um die Preise von Dauerparkkarten geht, bemüht er sich nicht mal mehr um Argumente: «Stadtrat Starsinn.»
Wir haben etwas gefunden, was Arouet mag: Korrekte Orthographie!
Ach, das neue Luzerner Theater – man droht den Anschluss zu verlieren in der Debatte. In einem Artikel ging es darum, dass unterlegene Architekten ihren Widerstand gegen das auserwählte Projekt aufgeben. Selbsterklärend, dass die Meinungen da geteilt sind, wie die Diskussion in der Kommentarspalte zeigt. Marie-Françoise Arouet nimmt die Theaterdebatte zum Anlass für eine Stilkritik: «Arbeiten Sie an Ihrer Sprache und Orthographie, bitte, bitte. Es ist quälend, sich guten Willens durch Ihre Texte zu schlagen.» Auch die geplante Abschaffung von Noten an Luzerner Schulen eignet sich natürlich für den erhobenen Zeigefinger: «Persönlich würde ich, gerade wenn es um schulische Leistungen geht, versuchen, mich in korrektem Deutsch auszudrücken, bevor ich das abgestandene Schlagwort von den angeblich ‹Ewiggestrigen›, zu denen ja die Anhänger der mehr als 50 Jahre alten Theorie der unbenoteten Schule zuallererst gehören, benützen würde.»
Wer hätte es gedacht: Marie-Françoise Arouet hasst Kultz.
Was haben wir ihm bloss angetan? Aber Marie-Françoise Arouet hasst Kultz. Wohl leider aussichtslos, ihn als Member zu gewinnen. In einem Artikel auf Zentralplus geht es um die prekäre finanzielle Situation und die Suche nach neuen Membern. Marie-Françoise Arouet ist sich für eine scharfe Blattkritik nicht zu schade: «‹Kultz› ist ja so ungeheuer schlecht, selbstreferenziell und opportunistisch, dass man sich wundert, wieso die angeblich 700 ‹members› (Achtung: Sexismus!) nicht schon längst schreiend davongelaufen sind.»