Member der Woche
Unser Member der Woche und Pianist Oskar Peter über Apfelstrudel, der zu Tränen rührt und Songs, die er am liebsten nie mehr spielen würde.
Rosa Zimmermann — 08/19/23, 01:35 PM
Führt eine schwierige Beziehung zur Coolness: Oskar Peter. (Bild: zvg)
Nach «Für Elise»: Welcher Piano-Song nervt am meisten?
Hmm. River Flows in You? Ornithology? Ist zwar genial, aber habe ich zu oft gehört und gespielt. Nach einer ausgiebigen Konzertreihe mit immergleichem Set war es mein eigener Song. Mittlerweile hat sich unsere Beziehung wieder etwas beruhigt. Musik allgemein: Alles, was mit Greenday und Pop-Rock zu tun hat. Sorry.
Wer ist deine grösste musikalische Inspiration?
Oscar Peterson, auf immer und ewig (auch wenn er Bill oder Max geheissen hätte, natürlich). Keith Jarret. Hania Rani. Collin Vallon. Aaron Parks. Norma Winstone. Thomas «Steini» Steiner, mein liebster Mentor. Elina Duni. Martha Argerich. Camilla Santacroce. Querbeet, wirklich! Wenns ums «Coole-Musik-Finden» geht: Rosa.
Dein liebster Kultz-Artikel?
Definitiv «Die 30 nervigsten Schweizer*innen 2023». Einzige Frage dazu: Sibylle Berg auf Platz 16, really? Sorry, wer schreibt schon besser nervig und trifft trotzdem jeden rostigen Nagel auf den Kopf? Entweder Platz 1, oder ganz sein lassen. Ein Hoch den Märkten.
Was ist dein Guilty Pleasure?
Mir vor Konzerten unglaublich viel Zeit zu nehmen, um meine Nägel zu lackieren, nur um dann wieder zu spät zum Aufbau zu erscheinen. Ätzend cool, aber mit Nägeli spielen (und sein) fühlt sich einfach besser an. In der Prüfungsphase meinem Sauerteig am meisten Zeit schenken. Oder Sibylle Berg eben. Und das Miniatur-Wunderland in Hamburg. Ich stand sogar schon davor, rein habe ich mich trotzdem nie getraut.
Welchen Beruf findest du am spannendsten?
Wanderwege bauen! Musiker*in natürlich. Unter den bezahlten Berufen: Bäcker*in in einer voll hippen Concept-Sauerteig-Bäckerei slash Kaffee slash Szenentreff slash Eventlokal. Dafür würde ich momentan gerade mein Studium abbrechen.
Wenn du eine Küche wärst: Was für eine Küche wärst du? Weshalb?
Küchen verraten unglaublich viel über die Menschen, die darin Kochen. Ich scheue mich deshalb ein wenig vor dieser Frage. Ich wäre wahrscheinlich eine kleine, gemütliche Küche, mit Gasherd, Zigarettenrauch und Kaffeegeruch in der Luft, mit herunterhängenden Zwiebelzöpfen, vielen frischen Kräutern, kleinem Zmorgetisch und Balkon ins Grüne, einer Spülmaschine die nicht funktioniert und sticky gewordenen Non-Stick-Pfannen. Ist ja auch okay, wenn ich mich selber ein bisschen romantisiere, oder?
Apropos Küche: Welches Menu lässt dein Herz höherschlagen?
Safe der polnische Apfelstreuselkuchen meiner Grossmutter. Eine Note schwere Vergangenheit und 40 Jahre Zigarettenrauch gehören da immer mit in den Teig. Die Tränen fliessen ab dem ersten Bissen. Und: gutes Sauerteigbrot. Ohne nichts.
Was mochtest du schon bevor es cool war?
Brockishopping und Secondhand-Kleider. Dazu wurde ich aber zugegebenermassen von Grosi und Eltern ein wenig „gedrängt“. Dafür rannte ich schon mit 7 in alten Sandalen und Lederjacken durch die Schulgänge. Das fand damals leider noch niemensch cool. Coolness und ich haben grundsätzlich eine schwierige Beziehung. Wir verpassen uns immer echli.
Was ekelt dich?
Menschen, die zu viel Raum einnehmen. In Gesprächen, im Ausgang, in der Musik. Und grosse Käfer. Sorry.
Es gibt Hunde- und Katzenmenschen. Wie kategorisierst du deine Mitmenschen gerne?
Ich habe vor geraumer Zeit mal ausprobieren müssen, wie es ist, ohne Helm vom Fahrrad zu fallen. Mein Zustand nachher hat mich sehr an das Buch «die Entdeckung der Langsamkeit» erinnert. Ich glaube, dass ich seither, obwohl ich eigentlich grosser Gegner des Kategorisierens bin, oft in langsame, gemässigte und schnelle Menschen unterteile. Ist aber mehr für mich und würde nie eine derartige Kontroverse auslösen, wie es Hunde- und Katzenmenschen tun.
Oskar Peter ist der ausgewachsene Frederick. Für den Winter sammelt er zauberhafte Klaviermelodien für dunkle Stunden, er fotografiert leidenschaftlich, sodass wir das Sommerlicht nicht vergessen, bastelt herum am perfekten Sauerteigbrot und würde gerne ein wenig besser schreiben können. Um einem seiner grössten musikalischen Vorbildern Oscar Peterson nicht zu nahe zu treten, und ätzenden Konversationen in diesem Zusammenhang auszuweichen, tritt er als „Oskar Nolan“ auf die Bühnen. Unter diesem Namen ist er auch schon im Hotel „Schweizerhof“ in Luzern zu hören gwesen. Dieses Konzert stellte gleichermassen den Rekord für die meisten Anzüge im Publikum und absoluten Tiefstlohn auf. Der Musikstudent aus Bern ist in drei Bands aktiv und würde sich freuen, wenn ihr mal an einem Konzert vorbeischaut.
Member bei Kultz wurde er durch Gruppenzwang – obwohl die Gruppe nur aus Severin Kessler bestand. Jetzt wo er im Kreis der Coolen drin ist, bereut er es aber ganz und gar nicht.
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