Nerdy Stuff
«E.T. - Der Ausserirdische» ging zwar in die Filmgeschichte ein, als Videospiel gehört das Wesen aus dem All aber zu den grössten Misserfolgen der Unterhaltungselektronik.
Sarah Stutte — 06/06/23, 12:03 PM
Unter- statt ausserirdisch: In Videospielform wurde E.T. zum Debakel.
Mit «E.T. - Der Ausserirdische» lieferte Regisseur Steven Spielberg 1982 einen zeitlosen Science-Fiction-Klassiker ab, der – als Kinderfilm gedacht – zum Welterfolg avancierte. Der Film blieb elf Jahre lang der umsatzstärkste Film der Kinogeschichte.
Weil auch der Game-Konzern Atari von dem Erfolg profitieren wollte, sicherte sich der damalige Marktführer bei Heimvideospielkonsolen noch im selben Jahr für 22 Millionen Dollar die Rechte des Titels.
Das gleichnamige Adventure-Spiel sollte für Atari der dringend nötige Push sein, um wieder an die Spitze des Videospielmarkts zu gelangen. Stattdessen fand das «E.T.»-Spiel aber in der Wüste sein Grab, weil es lange als Sargnagel des Konzerns galt.
Doch der Reihe nach. Die Erwartungen an das neue «E.T.»-Spiel waren 1982 so hoch, dass Atari fünf Millionen Kopien anfertigen liess. In nur fünf Wochen – normal waren damals für Atari-Spiele sechs bis acht Monate – programmierte der Entwickler Howard Scott Warshaw das Spiel.
Atari wollte den Titel rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft auf den Markt bringen. Sogar Spielberg wurde anfangs noch in die Designideen miteinbezogen und genehmigte am Schluss das Ergebnis. Also stand das Game pünktlich im Dezember in den Läden und gehörte anfangs mit einer Millionen verkauften Kopien zu den meistverkauften Titeln für die Atari 2600.
Doch dann kam der grosse Knick und die Bestellungen blieben aus. Schlimmer noch: Der Grossteil der Verkäufe wurde zurückgegeben. Atari blieb auf vier Millionen unverkauften Kopien sitzen. Was war passiert? Es häuften sich die Beschwerden von frustrierten Zockern, die das unausgereifte Gameplay sowie die schlechte Grafik bemängelten.
Das praktisch unspielbare Spiel musste deshalb floppen. Doch das war nur der Anfang vom Ende für Atari. Denn danach enttäuschten immer mehr schnell produzierte, schlechte Games des Unternehmens die Fans. Und die waren sauer.
Dabei war das Ziel des Spiels eigentlich idiotensicher: Der Ausserirdische musste sich lediglich vor Jägern schützen und manchmal einer Grube ausweichen. Fiel er dennoch in eine solche, sollten ihm seine ausserirdischen Kräfte wieder dort hinaus helfen. Das passierte aber nicht. War E.T. erst einmal in ein Loch gefallen, gab es keinen Weg mehr heraus.
Atari soll den Restbestand auf einer Mülldeponie nahe Alamogordo in der Wüste von New Mexico begraben haben.
Doch statt intern auf Qualitätsmanagement zu setzen, schob der Konzern seine Pechsträhne einfach auf das finanzielle «E.T.»-Desaster. 1984 war deshalb Licht aus bei Atari und das Unternehmen wurde verkauft. Um das Schicksal der unverkauften vier Millionen Module rankte sich seitdem ein Mythos: Atari soll den Restbestand auf einer Mülldeponie nahe Alamogordo in der Wüste von New Mexico begraben haben.
2014 wollte Microsoft endlich Licht ins Dunkel bringen. Zusammen mit den Medien-Unternehmen Fuel Entertainment und Ligthbox grub der Konzern in der Deponie nach den angeblich verscharrten Modulen. Der US-Regisseur Zak Penn, bekannt für seine Mitarbeit an verschiedenen Marvel-Blockbustern, dokumentierte das Ereignis.
Auch ein Archäologenteam sowie Howard Scott Warshaw höchstpersönlich halfen bei der Ausgrabung. Bald darauf wurde tatsächlich das erste «E.T.»-Spiel an die Oberfläche befördert. Doch Millionen von ihnen waren es nicht. Dafür stiessen die Schatzsucher auf insgesamt etwa 728'000 Exemplare verschiedenster, teilweise noch verpackter Atari-Spiele und Konsolen, die – den weinenden Sammlern und Geeks zum Trotz – leider gleich wieder und diesmal richtig zerstört wurden.
Dem Ausserirdischen kann also nicht alles in die Schuhe geschoben werden. Ataris Niedergang erklärt sich eher mit dem Unbedarftheit eines Unternehmens, das zu viele Konsolen und Spiele in der Zeit eines bereits übersättigten Markts produzierte und zudem der stärker werdenden Konkurrenz nichts Innovatives mehr entgegenzusetzen hatte.
Nerdy Stuff Eine Liebeserklärung an Nischenprodukte: In dieser monatlichen Kolumne beschäftigt sich Sarah Stutte mit Dingen, die nie wirklich im Mainstream angekommen sind oder von ihm vergessen wurden. Egal ob Songs, Serien, Filme oder Comics. 1. Teil: Wie sich ein seltsamer 80er-Song in unsere Köpfe bohrte 2. Teil: Plüschtiere des Grauens 3. Teil: Das beste Comic aller Zeiten |