Far Away From Home
Unsere Autorin Xenia Bertschmann ist seit Ende Februar in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul. Sie berichtet von merkwürdige WC-Erfahrungen, klarer Schuhpolitik und gewöhnungsbedürftigen Anstandsregeln.
Xenia Bertschmann — 05/10/23, 08:46 AM
Direkt nach dem Aschermittwoch ist Xenia nach Seoul geflogen. (Foto: Unsplash)
Du hast das sicher auch schon erlebt: Du gehst in ein neues Land. Vieles ist ähnlich wie in Luzern, vieles aber auch anders. Du beginnst die Dinge zu vergleichen und mit der Zeit sammelt sich eine Liste an Beobachtungen an, die sich von der Schweiz unterscheiden.
Hier der erste Teil meiner Liste von Dingen, die in Südkorea anders sind als in der Schweiz.
Keine lange Staus wie in der Zürichstrasse: Die Metro in Seoul läuft fliessend. (Fotos: Xenia Bertschmann)
Das Metronetz in Seoul ist ein Träumli. Du kommst günstig und schnell von A nach B. Die Stationen und die Züge sind stets sauber und es gibt zusätzliche Sitze für Schwangere, Verletzte und ältere Personen.
Lieber mal saubere Socken anziehen. Denn in Seoul herrscht vielerorts Schuhverbot.
Schuhe gehören zur Aussenbekleidung und werden nicht in der Wohnung getragen. Dies ist in der Schweiz zwar auch gang und gäbe, wird aber in Südkorea noch etwas strikter gehandhabt. So werden auch in einigen Cafés oder Restaurants mit Sitzplätzen auf dem Boden oder in Karaoke-Räumen die Schuhe beim Eingang ausgezogen. Die Schuh-Zone und die schuhfreie Zone sind jeweils durch eine kleine Erhöhung des Bodens markiert.
In Seoul haben Toiletten oft deutlich mehr Funktionen als bei uns.
Stell dir vor, du musst im Winter in einem minder unbeheizten Gebäude auf die Toilette – der Sitz ist richtig kalt und du hast das Gefühl, deine Oberschenkel frieren ab. Das Problem hast du hier nicht, zumindest nicht überall. Eine Toilette wie dieses mit Sitzheizung, Wasserreinigung und Lufttrockner findest du an vielen Orten.
Dieses Bild sieht unspektakulär aus, hat aber mit einem kümmerlichen Massenphänomen zu tun.
Quizfrage:
Warum werden in vielen Toiletten die Schrauben der Türen mit WC-Papierstücken gefüllt?
A: Um der Toilettenkabine mehr Charakter zu verleihen.
B: Das ist eine Markierung der Putzkräfte, um zu zeigen, dass die Toilette heute schon geputzt wurde.
C: Um versteckte Kameras das Blickfeld zu nehmen.
C ist korrekt.
Fünf Tage nach meiner Ankunft fragte mich eine Bekannte: «Weisst du von den Kameras auf den Toiletten? Da musst du gut aufpassen. Die sind zum Teil gut versteckt und sehr klein.» In Südkorea werden in öffentlichen Toiletten oft illegal kleine Spion Kameras installiert – Meistens in Frauentoiletten, manchmal auch in Umkleidekabinen oder Hotels. Die Inhalte werden später zum Teil illegal im Internet hochgeladen. Empfohlen wird deshalb oft, keine öffentlichen Toiletten zu benutzen.
Die Kameras sind zum Teil an den Decken und unter den Toiletten befestigt oder an der Türe als Schrauben getarnt. In vielen Kabinen füllen Frauen deshalb die Schrauben der Türen mit WC-Papier oder bemalen sie mit Tipp-Ex.
Der öffentliche Raum wird in Seoul grossflächig mit Kameras überwacht.
Ob in Gebäuden, auf der Strasse oder in der Metro, in Südkorea wird gefühlt jede Ecke mit einer Kamera überwacht. So unangenehm die konstante Überwachung zu Beginn sein mag, hat das Ganze auch was Gutes. Mitten in der Nacht alleine nach Hause gehen, fühlt sich dadurch etwas sicherer an.
Taschentücher verstossen in Südkorea beinahe gegen die Anstandsregeln.
Nase putzen ist hier ein No-Go. Den Rotz durch die Nase hochziehen ist dagegen völlig okay. Den Rotz dann auf den Boden zu spucken, gilt zwar auch in Südkorea als nicht sehr anständig, ist aber immerhin mehr akzeptiert als in der Schweiz. In der Schweiz verfolgen einen bei solchen Aktionen nur böse Blicke und spätestens nach 10 Minuten fragt wer genervt: «Bruchsch es Nastüechli?»
Xenia Bertschmann absolviert gerade ein Auslandsemester in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul. Hier schreibt sie über ihre Eindrücke. 1. Teil: Kulturschock im Auslandsemester 2. Teil: Kulinarische Entdeckungsreise durch eine Millionenstadt 3. Teil: Zwischen Love-Hotels und fremdenfeindlichen Club-Türen |