Fertig Alkohol
Unser Geschäftsleiter Heinrich Weingartner will dem Alkohol abschwören. Für immer. Gelingt ihm die endgültige Abstinenz?
Heinrich Weingartner — 01/24/22, 08:18 AM
Der Alkohol muss weg: Heinrich Weingartner hat genug von der Volksdroge Nummer 1.
Ich höre aus dem gleichen Grund auf, weshalb ich angefangen habe: Alkohol dämpft ab und macht gefügig. Ich füllte mich lange Zeit ab, um mich meinem Leben zu fügen. Es sagt viel über einen aus, wenn die Droge seiner Wahl das Bewusstsein nicht erweitert, sondern einengt. Ich habe fünfzehn feuchtfröhliche Jahre gebraucht, um das zu verstehen.
Alkohol ist die Verliererdroge schlechthin. Sich dümmer machen, als man ist. Kater haben, Fast Food fressen und mit halb geschlossenen Augen die Extended Edition von «Herr der Ringe» bingen. Filmrisse. Aggressiv werden. Sich wie der letzte Volltrottel benehmen. Am Bahnhof Ziegelbrücke, St. Gallen mit blutverschmiertem Gesicht aufwachen und nicht wissen, wie man dorthin gekommen ist. Laut werden, alles besser wissen. Das soll der Kitt unserer Gesellschaft sein? Es klingt eher wie der typische Tagesablauf eines Verlierers.
Alles, was man mit Alkohol zu gewinnen meint, entpuppt sich nach der Ausnüchterung als Illusion.
Alkohol ist auch eine Verliererdroge, weil er viele geschätzte Dinge verloren gehen lässt: Geld, Hirnzellen, Beziehungen, Freunde. Und alles, was man mit Alkohol zu gewinnen meint, entpuppt sich nach der Ausnüchterung als Illusion. All die Schnapsideen, Bierbekanntschaften und Weinromanzen trocknen aus und verlieren ihren Glanz. Sie sind eben bloss mit Alkohol gut, gesellig und lustig. Deshalb lautet die oberste Devise: weitertrinken. Ein perfider Teufelskreis.
In den letzten zehn Jahren habe ich mindestens drei oder vier Mal pro Jahr versucht, mit dem Trinken aufzuhören. Und bin immer wieder gescheitert. Ich bin weder Alkoholiker noch Pegeltrinker. Ich bin ein Rauschtrinker. Das heisst, dass ich bei einschlägigen Gelegenheiten und in Gesellschaft trinke und dann ziemlich viel. Deshalb war mir lange nicht bewusst, dass Alkohol für mich kein Genuss, sondern ein nicht wegzudenkender Bestandteil meines Funktionierens ist. Nur so konnte ich die vielen und lauten Menschen in dunklen, lauten Räumen zu dunklen Zeiten – eine totale Reizüberflutung – aushalten.
Fertig Alkohol: Der Weg zur Abstinenz Kultz-Geschäftsleiter Heinrich Weingartner will mit dem Trinken aufhören. In dieser vierteiligen Reihe dokumentiert er den Bruch mit seiner bisherigen Lieblingsdroge. Teil 1: Wieso höre ich auf? Teil 2 (am nächsten Montag): Herzschmerz, Selbstzerstörung, Filmrisse am laufenden Band. Wie Alkohol meine Seele aufgefressen hat. |