Schöner Flueche
De Mondartautor Béla Rothenbühler erklärt, wi me of schwiizertütsch schön ond rechtig fluecht. Dretti Lekzion: Hernamputiert.
Béla Rothenbühler — 04/03/22, 11:28 AM
Illustration: Nicole Brugger
So, met de drette Lekzion chömemer langsam as Iigmachte. Zode Werkig vom Flueche. Zo dem, wo passiert, wemmen öpper is Gsecht ine beschempft. Ond, dä Merksatz schiebemer scho mol vor: Was ede Literatur d Werkig esch, esch bem Flueche s Wehtue.
Wel: Klar, moses wehtue. Sösch chönnt mes jo grad lo. Wemmen öpper os guete Grönd schön ond rechtig beschempft, mos das wehtue. Dasch jo e direktive Schprächakt, das Flueche, das häisst: Das wott öppis bewerke. So vell sött klar sii.
Aber dasch eben au weder nüonsierter, as veli mäinid, das Wehtue. Wel: Schöns ond rechtigs Flueche tuet am rechtige Ort weh. Dasch ned en Aagreff ofne Mönsch as Ganzes, sondern of dä gueti Grond, won är oder sii üs leferet, zom si is Gsecht ine beschempfe. Do dänkid di mäischte Lüüt vell z wenig wiit.
S Wort Fettsack wär zom Biischpel secher schnell zor Hand. Aber das ziilt eben a falschi Ort äne.
Nämemer aa, as Gedankeschpel: E föllige Maa emene fette Chare nemmt Ehne de Vortrett em Schtrosseverchehr. De gueti Grond zom Fluechen esch e dem Biischpel jo ggä, dasch ke Frog. Vel Lüüt wördid aber gliich falsch reagiere, falsch fluechen e sonere Situazion.
S Wort Fettsack wär zom Biischpel secher schnell zor Hand. Aber das ziilt eben a falschi Ort äne. Genau so wis alli andere schpontane Reakzione wördid, wo of Össerlechkäite, Gschlächt, Huutfarb oder ähnlechs ziilid. Die schiessid völlig am Ziil verbii. Wel s Problem e dere Situazion esch jo ganz klar ned de Körper vo dem Mönsch, sondern sini Handlig. Merksatz: Schöns ond rechtigs Fluechen esch prezis.
Fluch- und Mundartexperte Béla Rothenbühler.
Aber äifach nome d Handlig kommentiere: Aso Drängli oder Schtresschäib rüefe, dasch jo de au düütlech z schwach, das tuet jo niemerem weh. Ond do hemmer es chliises Dilemma. Sone Situazion schräit jo scho nachnere persönleche Verletzig, aber gliichziitig sött die au chli ne Bezog zode konkrete Situazion ha.
Aber au för so Problem gets Lösige. Nämemer s gueten alte Hernamputiert. Dasch of de Zentralschwiizer Pauseplätz mol rächt ome ggangen ede Nünzger. Mettlerwiile ghört mes nömme so hüüfig. Aber weh tuets jo äigentlech emmer no. Wel das esch äinersiits so rechtig schön griifbar ond körperlech, aber eben anderersiits au sehr prezis. Ond dezue ziilts ofnes körperlechs Defizit, wo niemer wörklech het. Höchschtens Toti send mängisch wörklech hernamputiert. Drom vermiidet me so au schön so schwerigi Theme wi Bodischeiming, Sexesmus oder Rassesmus.
Besch äigentlech hernamputiert?
Aber zrogg zom Gedankeschpel: S Gwecht vo dem Mönsch esch jo e dem Fallbiischpel ned s Problem. Sondern sine Grend. Ond do chonnt ebe Hernamputiert is Schpel. So chame prezis of dä Körpertäil ziile, wome wott träffe. Das esch schön ond rechtig gfluecht.
E dem konkrete Fall chamen aso gärn dem öbergwechtige Drängli e sim fette Chare nocheschräie: Hernamputierts Arschloch. Oder, velecht fasch no schöner: De Fahrer metere rhetorische Frog zom Henderfroge vo sim Verhalten aaschtosse met: Besch äigentlech hernamputiert?
Das tuet emmer no weh. Ond das cha e chliine Täil dezue biiträge, dass sech das asoziale Verhalte ned wederholt. Grad ebe, wels am rechtigen Ort wehtuet.
So, sovell för höt. Mer gsänd üs enere Woche.
Béla Rothenbühler ist der Dramaturg des Luzerner Theaterkollektivs Fetter Vetter & Oma Hommage, Sänger der Band Mehltau, Fundraiser für Die Predigt sowie Vorstandsmitglied von Kultz. Sein Debütroman Provenzhauptschtadt erschien 2021 im Verlag Der gesunde Menschenversand. |
Dieser Artikel wurde produziert im Rahmen des «Innereien»-Kulturprojektes der Albert Koechlin Stiftung. Hier erfährst du mehr darüber. Und hier geht es zur offiziellen Webseite: www.innereien.ch.