Jubiläums-Bluff
Feste fallen! Auf den 30. Juni zum Beispiel, so schreibt man aus Beromünster, fällt das 100-Jahre-KKLB-Jubiläum. Uns fallen allerdings andere Dinge ein, als eine Institution abzufeiern, die das ohnehin hochprofessionell selber erledigt. Eine Polemik.
Anna Chudozilov — 06/29/21, 09:33 PM
Werner Alois Zihlmann alias Wetz und Silas Kreienbühl. (Bild: KKLB Webseite)
«Wenn man mit Jubiläen wie ‹5 Jahre Auto Moto Hunkeler›, ‹15 Jahre Chinderhüeti Hofdere› und ‹45 Jahre Gartencenter Grüter› aufgewachsen ist, denkt man irgendwann nicht mehr darüber nach, sondern feiert einfach mit», schrieb Christov Rolla vor ein paar Jahren im 041 – Das Kulturmagazin (vgl. S. 19ff).
Tatsächlich gehört der – nach eigenen Angaben – «international bekannte und erfolgsverwöhnte Künstler» Werner Alois Zihlmann alias Wetz zu der Generation Männer, die reichlich Cervelats verdrückt haben dürften an Veranstaltungen, die im Geiste Geschwister der oben genannten sind. Wahrscheinlich wurde der selbsternannte «Leiter vom Gesamtkunstwerk KKLB» auch schon eingeladen, solchen Anlässen mit seiner Prominenz eine Prise Grandezza zu verleihen.
Abenteuer Mathematik
Es liegt also auf der Hand, dass nun 10 Jahre KKLB (Kunst und Kultur im Landessender Beromünster) ausgiebig gefeiert werden. Doch das KKLB wäre nicht das KKLB, wenn es die Dekade nicht mit einem Griff in die Trickkiste um den Faktor 10 aufmotzen würde: Addiert man zu den 90 Jahren Landessender Beromünster (wobei dieser 2008 zum letzten Mal sendete) weitere zehn, gibt das tatsächlich eine runde 100! Man muss dafür einfach die Jahre zwischen 2011 und 2021 doppelt zählen – aus Beromünster wurde nämlich seit 1931 gesendet und nicht etwa 1921.
Aber dem KKLB gelingt es, mit der gewagten Zahlengymnastik die Mathematik zu einem der letzten Abenteuer der Menschheit zu machen. Ich vermute jedenfalls, dass sie das so framen würden; denn alles, was sie tun, ist – nach eigenen Angaben! – extraordinär.
Kleinliche Wortklaubereien
Aber hey, Schluss jetzt mit dieser kleinlichen Jahre-Zählerei, wenn’s doch hier um die Wurst geht oder eben – nach eigenen Angaben – um «eines der grössten und erfolgreichsten Kunst- und Kulturprojekte der Schweiz».
Aus dem KKLB-Bilderkarussell. (Bild: KKLB Webseite)
Ein Faible für alte Herren
Neben unserem allseits beliebte Beni «National» Thurnheer werden – nach eigenen Angaben – «Herr Hochwürden Probst Harald Eichhorn und der weltbekannte Musiker Peter Schärli» am Jubiläum den Alte-Männer-Reigen ergänzen. Das Faible des KKBL für Herren, insbesondere solche jenseits der Lebensmitte, illustriert unter anderem das Bilderkarussell auf der Homepage des KKLB.
Silas Kreienbühl, KKLB-Direktor, beweist allerdings, dass der sich aufdrängende Terminus «alter weisser Mann» nicht zwingend durch das Geschlecht, die Hautfarbe oder das Alter eines Menschen definiert wird. Es geht vielmehr um ein bestimmtes Mindset, oder wie Bourdieu sagen würde: einen Habitus, den man an den Tag legt.
Aus dem KKLB-Bilderkarussell. (Bild: KKLB Webseite)
Aber hey, zurück zum Jubiläum, das eben – nach eigenen Angaben – «pünktlich am Mittwoch 30. Juni um 14 Uhr bis mindestens 15.30 Uhr» über die Bühne gehen wird. Wer weiss, vielleicht wird gar bis 17 Uhr durchgefeiert! Die Leute vom KKLB versprechen, ihr Gesamtkunstwerk werde dann «einmal mehr um einen massiven Teil erweitert».
Wer nicht dümmlich dastehen will, um dem ganzen Narzissmus auch noch live zu applaudieren, spart sich den Weg nach Beromünster.
Weil das KKLB so grossartig ist und auf der Höhe der Zeit, gibt’s sozusagen als Zugabe sogar eine Frau am Ende des Texts: «Auch sicher mit dabei ist Marlene Jost, unsere KKLB-Erfolgskuratorin der traumhaften 100-Jahre-Jubiläums-Ausstellung». Wenn das nicht eine zeitgenössische, gar hippe Art ist, sich als Kulturzentrum zu positionieren: Zuerst Beni National abfeiern, dann einen pensionierten Geistlichen und einen Trompeter und ganz am Schluss dann noch die Kuratorin der Jubiläumsausstellung erwähnen. Es ist kein Jahr her, da war diese noch «Wetz-Chef-Assistentin». Auch Frauen können im KKLB also durchaus steile Karrieren machen.
Damit ist wohl alles gesagt, was zu sagen ist. Wer nicht dümmlich dastehen will, um dem ganzen Narzissmus auch noch live zu applaudieren, spart sich den Weg nach Beromünster. Die – nach eigenen Angaben – beliebte Interview-Serie «Interviews mit Wetz», in der Zihlmann jeweils gleich selbst mit seinem Alter Ego Wetz über die neusten Heldentaten parliert, wird sicher auch noch die letzten möglicherweise offenen Fragen ausleuchten.
Trotz allem: Happy happy, möge alles nach Plan laufen! Und das nächste Jubiläum nicht allzu bald herbeigetrickst werden.