Wahlen 2023
Will Luzern tatsächlich «Kulturkanton» sein, muss sich auf politischer Ebene gewaltig etwas ändern. Die kommenden Wahlen geben die Möglichkeit dazu. Ein Gastbeitrag von IG-Kultur-Geschäftsführer Gianluca Pardini.
03/15/23, 10:55 AM
Gianluca Pardini ist Geschäftsführer der IG Kultur Luzern. (Foto: zvg)
Im Luzerner Kantonsrat herrscht eine kulturträge Mehrheit. Merkmale dafür sind im Parlamentsbetrieb zu finden. Denn politische Prozesse können zwar langwierig sein, bei manchen geht es aber deutlich schneller vorwärts als bei anderen. Im Kanton Luzern haben insbesondere finanzpolitische Vorlagen einen guten Stand und werden zeitnahe bearbeitet. Bei Kulturgeschäften ist das Gegenteil der Fall: Hier herrscht seit gut 10 Jahren Stillstand. Auf diesen Missstand können Kultur- und Kunstschaffende an den Erneuerungswahlen vom 2. April direkt Einfluss nehmen.
Eine Auswertung der IG Kultur Luzern zeigt deutlich, wie fest sich das heutige Kantonsparlament von kulturellen Interessen distanziert: lediglich bei 3 von 11 Geschäften, die für den Kultursektor wichtig sind, wurde in den letzten vier Jahren eine Mehrheit erreicht.
Kulturelle Anliegen finden im Luzerner Kantonsparlament selten eine Mehrzeit. (Foto: zvg)
Auch ein weiteres Stimmungsbild spricht Bände. Nur drei Parteien haben bei all diesen Geschäften einen Ja-Anteil ihrer Stimmen von über 80 Prozent erreicht. So lässt sich die Rechnung auch für politunerfahrene schnell machen: Parteien, die sich tatsächlich für die Kultur einsetzen, sind im Kantonsparlament aktuell stark untervertreten. Die Auswirkungen davon sind beträchtlich. Schauen wir uns also die momentanen kulturpolitischen Problemherde an.
Auswertung der IG Kultur Luzern zum Stimmverhalten der als wichtig eingestuften Parlamentsgeschäften im Luzerner Kantonsrat (2019-2023) in Prozent und nach Parteien. Von Mai bis Dezember 2020 aufgrund Corona keine detaillierten Abstimmungsergebnisse. Abweichungen durch Abwesenheiten von Parlamentsmitgliedern. Berechnungen: IG Kultur Luzern.
Der Kanton Luzern wollte lange nichts davon wissen, sich zusammen mit den Gemeinden für eine nachhaltige Sicherung der regionalen kulturellen Vielfalt einzusetzen. Für das Kleintheater, das B-Sides-Festival, das Stadttheater Sursee und viele weitere Kulturbetriebe keine guten Nachrichten. Trotzdem schreibt sich der Kanton Luzern gerne «Kulturkanton» auf die Fahne.
Auch Anlässe wie das B-Sides-Festival auf dem Sonnenberg könnten von einem kulturfreundlichen Kantonsparlament profitieren. (Foto: Milena Müller)
Dabei ist wichtig zu wissen: Kulturbetriebe und Festivals mit (über-)regionaler Ausstrahlung bieten neben ihrem wertvollen Beitrag an die Luzerner Lebensqualität auch eine nachhaltige und professionelle Plattform für das regionale Kulturschaffen, für die Künstler*innen wie auch für den Nachwuchs des professionellen Kulturschaffens im Kanton Luzern. Nur mit einem stabilen Umfeld können weiterhin Angebote von hoher Qualität erbracht werden.
Es braucht nach den Wahlen dringend eine gesetzliche Verankerung der regionalen Projekt- und Strukturförderung im kantonalen Kulturförderungsgesetz. Und deswegen, die dafür nötige kulturfreundliche Parlamentsmehrheit.
Kulturkanton – in my a**
Sinnbildlich steht die Aussage eines ehemaligen Luzerner Bildungs- und Kulturvorsteher, während dieser 40 Prozent des Geldes für freie Kulturschaffende wegsparen wollte, verkündete er: «Der Lohn eines Künstlers (sic!) ist der Applaus». Da gäbe es noch viele weitere Geschichten, die aufgezählt werden könnten (ein Schelm, wer etwa an die Reise nach Moskau der damaligen Regierung auf Kosten des kantonalen Kultur-Lotteriefonds denkt).
Auch Jugend- und Alternativkultur wie sie im Treibhaus stattfindet, sollte auf eine solide Finanzierung zurückgreifen können. (Foto: zvg)
Vermutlich oder gerade wegen diesem Grundtenor, ist die Finanzierung von Kultur im Kanton Luzern stets eine Gratwanderung. Er ist im schweizweiten Kantonsvergleich in Bezug auf die öffentlichen Kulturausgaben knapp im Mittelfeld vertreten. Ein Kanton, der sich zurecht «Kulturkanton» nennen will, muss zu dieser Sorge tragen und für eine solide Finanzierung einstehen. Sei dies im Bereich des Theaters oder der Pop-, Club-, Sub-, Jugend- und Alternativkultur.
Kein verlässlicher Partner
Aktuell ist das Kantonsparlament für die Kultur somit alles andere als ein verlässlicher Partner. Denn eine zukunftsgerichtete Kulturförderung funktioniert letzten Endes nur im Zusammenspiel zwischen Kanton und Gemeinden. Auf dieser Subsidiarität beruht unser Kulturfördersystem. Doch dies erweist sich als schwierig umzusetzen. Der Kanton Luzern zeigt nicht mal bei der Finanzierung des grossen Kulturinstitutionen wie dem Luzerner Theater oder dem KKL (innerhalb des Zweckverbands Grosse Kulturbetriebe) Haltung.
Wenn es darum geht, den «Kulturkanton» zu loben, so stehen unsere kantonalen Volksvertreter*innen selbstverständlich an vorderster Front
Trotz gesetzlichem Auftrag schiebt er auch hier die Kosten wieder stadtwärts. So müssen Städter*innen und wenige Agglomerationsgemeinden immer mehr Kulturausgaben buckeln – in den letzten Jahren hat die Zentrumslast erheblich zugenommen. Wenn es darum geht, den «Kulturkanton» zu loben, so stehen unsere kantonalen Volksvertreter*innen selbstverständlich an vorderster Front – denn Kultur strahlt bekanntlich auch weit in den Wirtschafts- und Tourismusstandort hinein.
Auch wenn im Kanton Luzern vielleicht kein politisches Erdbeben im Wahljahr 2023 zu erwarten ist, können wir den Kanton auch in einer kurzen Frist kulturfreundlicher gestalten. Die kantonale Wahlbeteiligung im Kanton Luzern ist seit 1999 stetig gesunken und liegt aktuell bei etwa 40 Prozent. Somit geht nur gerade knapp jede dritte Person an die Urne. Das können wir ändern – für einen echten Kulturkanton!
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