Zweiwöchiges Praktikum als Papi

Das Berufsbildungsland Schweiz hat nun endlich eine zweiwöchige Ausbildung für Väter eingeführt. Anfang Januar trat ich mein Praktikum an, mittlerweile bin ich teilzeitangestellt. Die Ausbildungszeit fand ich ein wenig kurz. Auch wenn mir das Wickeln beispielsweise nach wenigen Tagen leicht von der Hand ging, musste ich vieles nach meiner Ausbildungszeit dazulernen. Ein Praktikumsbericht von Ronnie Zumbühl.

Was man lernt:

Geburtshäuser sind wie Hotels. Man verbringt die meiste Zeit im Bett, wird bekocht und herumliegende Wäsche landet irgendwann frisch gewaschen auf einem Stapel. Zudem gibt es dort eine geballte Ladung Baby-Kompetenz. Da arbeiten diskrete Profis – die meisten selbst Mütter – die dir noch jede durch Google herbeigeführte Verunsicherung ausreden können. Wir waren ziemlich froh um diese Menschen. Geburtshäuser verkaufen sich definitiv unter Wert. Sie sollten grosse Namen tragen wie: House of Born, Birth Inn oder Delivery du Lac.

Das Stillhütchen ist keine Kopfbedeckung, sondern Kunststoff-Aufsatz für die Brustwarze. Dieses kann das Stillen erheblich erleichtern.

Ein Baby im Tragetuch ist ein Freipass. Die meisten Menschen sind, sobald sie ein Baby sehen, besonders nett. Fragst du nach der nächsten Apotheke, laufen die Menschen den halben Weg mit und versichern sich zweimal, ob man ganz genau weiss, wo man hin muss. Würde ich mit dem Baby beim Corona-Impfzentrum auftauchen, ich würde gleich zwei Dosen erhalten.

Neue Eltern sollten nur einmal täglich Besuch bekommen. Das reicht völlig aus.

Die erste Kacke von Babys ist wie Pech – farblich sowie von der Konsistenz her.

Als frische Eltern ist man stetig ein bisschen stoned: Der Schlafentzug nagt an einem. Gespräche sind anstrengend. Wörter fallen einem nicht mehr ein. Die Erinnerungen an die letzten Tage verschwimmen zu Brei.

Die Nacht klingt um 2 Uhr anders als um 4 Uhr.

Es gibt zwei Sorten von Menschen: Diejenigen, die den Namen unseres Kindes schön finden, und jene, die den Namen speziell finden.

Die zwei Wochen Vaterschaftsurlaub sind ein Bschiss. Wie bei allen Ferien kann man nur die erste Hälfte richtig geniessen. In der zweiten Hälfte beginnt man, die restlichen Tage runterzuzählen, und malt sich aus, was nach den Ferien auf einen zukommt. Also dauert der Vaterschaftsurlaub eigentlich nur eine Woche.

Social Media ist perfekt für die Aufmerksamkeitsspanne von Eltern. Man hat keine Zeit mehr, um Bücher und Zeitungen zu lesen. Das Baby lässt nicht zu, dass du dich für andere Charaktere interessierst.

Ein dünnes Häutchen verbindet Zunge mit Gaumen. Man nennt das «Zungenbändchen». Hebammen und Stillberaterinnen empfehlen es schneiden zu lassen, falls es zu kurz ist, weil es zu Problemen beim Stillen führen kann. Später werden Menschen mit kurzem Zungenbändchen schlechte Küsser*innen. Das will niemand.

Man macht sich tendenziell zu viele Sorgen, um den Nulljährigen, der vielleicht aus dem Fenster stieg und verschwand.

Was man nicht lernt:

Es wird anstrengender. Zwei Wochen Vaterschaftsurlaub reichen nirgends hin. Das lernt man leider erst danach. Der Peak kommt ungefähr in der sechsten Woche: Das Baby schreit und schreit, man schaukelt und googelt, und googelt und singt, die Brust tropft, das Auge auch, man wippt und googelt weiter. Nach einer halben Stunde gehts dem Baby bestenfalls wieder gut. Man verzeiht und vergisst, und sieht in der kleinsten Mundwinkelbewegung ein Lächeln. Und eine halbe Stunde später kann das Drama wieder von vorne beginnen. Elternzeit wäre die Lösung. Und jeder Elternteil muss mindestens drei Monate beziehen.

In den ersten zwei Wochen gesetzte Deadlines für Texte kann man aus oben genannten Gründen unmöglich einhalten.

Kinderlieder. Ich brauche sicherlich noch ein Jahr, bis ich ein Kinderlied auswendig kann.

Wippen und schaukeln mit dem ganzen Körper beruhigt auch einen selbst, nicht nur das Baby. Der Körper führt die Funktionen mittlerweile selbst aus. Das ist Selfcare.

Babys mögen kein Thai-Curry. Das lernt man erst, wenn man Thai-Curry isst und danach stillt.

Es gibt zu viele Babyartikel. Man braucht einen Bruchteil davon. Der Windeleimer ist im Winter jedenfalls ziemlich überflüssig.

Das Baby zeigt tatsächlich kein Interesse am männlichen Nippel.

Wieso heisst es frischgebackene Eltern? Ich konnte die Frage bisher nicht klären.

Döner essen mit einem Baby vorne im Tragetuch ist nahezu unmöglich. Ich habe es probiert, meine Jacke war anschliessend versaut.

Immer erst die Schuhe anziehen, bevor man das Kind ins Tragetuch setzt.

Babys lieben Wärme und White Noise. Perfekt kombiniert das der Haarföhn. In den meisten Fällen döst das Baby nach wenigen Minuten weg oder lässt sich beruhigen.

Das Gehirn wird matschiger.
In den ersten Wochen bemühte ich mich noch darum, allen Gesprächen
folgen zu können. Jetzt weiss ich, dass bestätigendes Nicken völlig
ausreicht.

Durchschlafen.